SPASS AUF ZWEI RÄDERN

NEUE ANGEBOTE IN GROSS-UMSTADT

2017-06-12-fahrrad

Das Fahrrad bietet mehr als sportliche Betätigung oder Freizeitspaß. Es ist eines der ökologischsten Fortbewegungsmittel überhaupt und wird vielerorts als eine Teillösung für Verkehrsprobleme wie Stau und Smog betrachtet. Zudem wird das Radeln seit dem Marktdurchbruch der E-Bikes auch für Nicht-Sportler interessant und bietet für so Manchen beispielsweise beim Weg zur Arbeit eine echte Alternative zum Auto. Um schon die Kinder und Jugendlichen an die Alltagstauglichkeit des Fahrrads heranzuführen, kommt den Fahrradangeboten von Schulen und der Kommune ein ganz besonderer Platz zu. Der UMSTÄDTER hat sich auf der Odenwälder Weininsel dazu einmal umgehört ...

Für Kinder ist das Radfahren im Straßenverkehr besonders anspruchsvoll. Zum einen beherrschen sie ihr Fahrzeug meist noch nicht so lange, es fehlt ihnen also noch an der motorischen Sicherheit. Zum anderen sind sie schon allein durch ihre Größe gefährdeter als erwachsene Radler, da sie von motorisierten Verkehrsteilnehmern schlechter oder erst später wahrgenommen werden. Um das Radfahren für Kinder sicherer zu machen, hat sich die Industrie zwar schon Einiges einfallen lassen – von schützenden Helmen über leuchtend bunte Kleidung bis hin zu hoch aufragenden Wimpeln am Fahrrad – der beste Schutz ist jedoch eine optimale Kenntnis des eigenen Fortbewegungsmittels sowie der Straßenverkehrsregeln.

FAHRRADAUSBILDUNG AN GRUNDSCHULEN

Grundlagen für das Verhalten als „Teilnehmer auf zwei Rädern“ am Straßenverkehr lernen die Kinder im Rahmen der Radfahrausbildung in den Umstädter Grundschulen kennen. Dieser Kurs findet meist in den vierten Klassen statt und besteht – wie eine offizielle Fahrschulausbildung – aus einem theoretischen Teil, den die Schule im Allgemeinen im Rahmen des Sachunterrichts betreut, und einem praktischen Teil unter der Obhut der Polizei auf dem ADAC-Platz in Reinheim. Beide Teile schließen mit einer Prüfung ab und wer bestanden hat, erhält den „Fahrradführerschein“. Vorher dürfen die Kinder, beispielsweise an der Geiersbergschule, offiziell nicht mit dem Fahrrad zur Schule kommen. An der Heubacher Schule ist die Anreise mit dem Rad allein schon aufgrund der Lage schwierig. In der Wendelinusschule, die über einen großen Pausenhof verfügt, geht das besser und zudem können die Schüler in der Bewegungsstunde sogar auf dem Hof Fahrrad fahren. Dafür gibt es einen eigenen Fahrradpool an der Schule. Für diejenigen, die ihre Fahrradprüfung abgelegt haben und nun mit dem Fahrrad zur Schule kommen, wurden gerade neue Fahrradständer angeschafft. Auch an der Grundschule im Grünen in Semd dürfen die Schüler ohne bestandenen „Führerschein“ nicht mit dem Rad zur Schule kommen. Laut Schulleiter Oliver Czajkowski ist es mit dem Inkrafttreten des verschärften Aufsichtserlasses zudem schwieriger geworden, Projekte rund um das Fahrrad an der Schule zu verwirklichen. Früher wurde einmal eine Klassenfahrt mit Zug und Rad in die Jugendherberge nach Erbach unternommen, was den Kindern viel Spaß gemacht habe. Das Modell der Bikeschool, wie es an der Ernst-Reuter-Schule (ERS) angeboten wird, findet er gut, und strebt hierzu auch eine Kooperation mit der integrierten Gesamtschule in der Hackersiedlung – vielleicht über Projektwoche – an. Esther Walloner, Schulleiterin der Grundschule Wiebelsbach, weiß zudem, dass das Fahrrad auch nach der Schule bei vielen Schülern hoch im Kurs steht: „... Allerdings weiß ich, dass unsere Kinder derzeit einen beachtlichen Anteil ihrer Freizeit an der neuen Pumptrack neben dem Ludwig-Wedel-Stadion/Schwimmbad verbringen.“

BIKESCHOOL MACHT SCHULE

Beim Thema Fahrradangebote an Schulen hat die ERS nicht nur in Groß-Umstadt, sondern auch überregional mit ihrer Mountainbike- AG „Bikeschool“ eine gewisse Vorreiterrolle übernommen. Grundvoraussetzung hierfür war zunächst einmal ein Bikepool der Schule, der den Kindern gute Mountainbikes zur Verfügung stellt und damit den Schülern gleiche materielle Voraussetzungen bietet. Dieser Pool sowie eine Werkstatt konnte durch gro¬ße Sponsoren, die Unterstützung des hes¬si¬schen Kultusministeriums sowie in Kooperation mit einem orts¬an¬säs¬si¬gen Fahrradhändler realisiert werden. Die Bikeschool ist ursprünglich ein Projekt mehrerer hessischer Schulen mit sportlich-pädagogischer Ausrichtung, geht aber an der ERS darüber hinaus. Hier wird nicht nur schulintern mit den Bikes gearbeitet, sondern das Credo der nachhaltigen Mobilität auch in die Öffentlichkeit hinausgetragen. Neben dem Umweltbewusstsein fördert das Projekt Teamfähigkeit, Chancengleichheit, Gesundheitsbewusstsein und Fitness sowie technisches Verständnis. Die Bikeschool findet als AG immer mittwochnachmittags statt und wird von Lehrer Friedbert Metz betreut. Die AG gliedert sich in drei Bereiche: ein Fahrtechniktraining unter Anleitung auf einer eigens angelegten Strecke, das Schrauben und Warten der Bikes mit Unterstützung eines Zweiradmechanikers und gemeinsame Ausfahrten auf den Trails direkt vor der Haustür. Zu den vielfältigen Aktivitäten kommen noch die Teilnahme an Rennen und Wettbewerben sowie eine Klassenfahrt. Laut des AG-Leiters würden die Fahrrad-Angebote von den Schülern so gut angenommen, dass es mittlerweile sogar Wartelisten für die Bikeschool gäbe. Er ergänzt: „Außer den Personalkosten werden alle benötigten Materialien von langjährigen Sponsoren und Unterstützern getragen. Nur mit dieser Unterstützung gelingt uns diese Arbeit.“ Und die Bikeschool macht in Groß-Umstadt Schule: Nach der ERS wurde beim letzten Tag der offenen Tür auch beim Max-Planck- Gymnasium (MPG) feierlich ein Bikepool eingeweiht. Auch hier sollen künftig die Schüler die Möglichkeit haben, sich auf schuleigenen Mountainbikes in AGs und/oder weiteren Projekten sportlich zu betätigen.

Die ERS möchte ihre Schüler mit den Fahrradangeboten „Weg von der Konsole - rauf aufs Bike!“ dazu bringen aktiv zu werden. Darüber hinaus soll Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt geschaffen, das Gesundheitsbewusstsein bei den Schülern entwickelt und Präventionsarbeit für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr geleistet werden. Dazu wurde in den vierten Klassen der integrierten Gesamtschule zudem die dritte Sportstunde pro Woche zu vierzehntätig zwei Schulstunden zusammengefasst, in denen dann ein Fahrradtraining als optimale Vorbereitung auf den Straßenverkehr erfolgt. Ausflüge mit dem Fahrrad sowie die Gestaltung einzelner Stunden des regulären Sportunterrichts mit dem Mountainbike ergänzen das vielfältige Fahrrad-Angebot der Schule. Viel wurde an der ERS bisher geschafft, einiges ist aber auch noch in Planung. Am Aktionstag „Fairkehr“ Ende April nutzte die Bikeschool die Möglichkeit, für das Schul- und Stadtradeln zu werben. Weiterhin soll der Pumptrack in die Arbeit der Bikeschool mit Kursen für Anfänger und Kinder, die keine Räder und Helme besitzen, integriert und damit nicht zuletzt die wichtige Botschaft „Helm auf!“ vermittelt werden. Mit einem Lastenradprojekt will man zeigen, dass das Fahrrad nicht nur als Sport- und Freizeitgerät taugt, sondern durchaus auch für Transporte geeignet ist, zudem man mit der heutigen E-Bike-Technik leistungskräftige Unterstützung durch einen Elektromotor erhalten kann. Eine weitere Veranstaltung - ein Mountainbike-Techniktraining mit der Mountainbikeschule BIKERIDE – findet am 21. Juni statt. Außerdem steht am 14. September die Teilnahme am Kongress der Nachhaltigkeitsstrategie in Hessen an - durch die Nominierung beim Ideenwettbewerb #weilwirweiterdenken. Um weitere Planungen umzusetzen, müssen laut Friedbert Metz unter anderem noch folgende Voraussetzungen geschaffen werden: „ Aktuell bestehen Kontakte zwischen der Bikeschool der ERS und dem MPG sowie dem städtischen JUZ (Jugendzentrum). Das Ziel ist dabei eine weitere Vernetzung zwischen den anderen Schulen. Hier ist eine engere Zusammenarbeit und Unterstützung der Schulen durch die Verkehrswacht Dieburg in Planung.“ Als Mitarbeiter der hessischen Sportlehrerfortbildung für den Bereich Fahrradfahren und Mountainbike an Schulen – bikepool Hessen – sei es zudem sein Wunsch, auch die Grundschulen in Groß-Umstadt für mehr Fahrradfahren an den Schulen zu begeistern. Für die Zukunft wünsche er sich am Pumptrack noch einen Container, um dort Materialien und Sportgeräte zu lagern und weitere Angebote realisieren zu können.

ZUSAMMENARBEIT MIT DER STADT

Um das Fahrradangebot auch über die Schulen hinauszutragen, ist natürlich eine Zusammenarbeit mit der Stadt notwendig. Die Realisierung des Pumptracks gehört hierbei sicherlich zu den wichtigsten Umsetzungen in jüngerer Zeit. Mit einer 36 Kilometer langen Mountainbike-Rundstrecke des Geo-Naturparkes Bergstraße- Odenwald, die ihren Anfangs- und Endpunkt in der Nähe des Umstädter Marktplatzes an der Heinrich-Klein-Halle hat, finden auf 880 Höhenmetern die Biker eine fertig ausgeschilderte, anspruchsvolle Strecke. Darüber hinaus sind natürlich immer wieder weitere Projekte in Arbeit. So sollen beispielsweise Radwege mit entsprechender Beschilderung möglichst in alle Stadtteile führen – Raibach fehlt hier aktuell noch. Außerdem ist laut Reiner Michaelis, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Groß-Umstadt, ein Angebot der Stadt an Fahrradkursen für geflüchtete Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Vorbereitung, abgestimmt mit Ehrenamtlichen der Verkehrswacht, deren Inhalte vom Erkennen und Lesen der Schilder bis zu Aspekten der Sicherheit und Verkehrsregeln sowie dem Verhalten im Straßenverkehr reichen sollen. Da die Fahrrad-Angebote von den Kindern und Jugendlichen bisher bestens angenommen wurden, sind auch in den Ferienspielen für die Kids Aktionen bzw. Ausflüge rund um das Fahrrad vorgesehen. Laut Auskunft der Stadt Groß-Umstadt bereite man derzeit einen Bikepool mit Werkstatt im JUZ vor, der Raum dafür müsse noch hergerichtet werden. Nicht nur für Kinder und Jugendliche ist die zweite Teilnahme der Stadt am Stadtradeln geplant, „damit möglichst viele Menschen täglich mit dem Rad statt mit dem PKW fahren“, sagt Reiner Michaelis. Ziel der Initiative Stadtradeln ist es, die Einwohner für die Benutzung des Fahrrads im Alltag zu sensibilisieren und die Themen Fahrradnutzung und Radverkehrsplanung verstärkt in die kommunalen Parlamente einzubringen. Die Aktion lief vom 29. Mai bis 18. Juni und alle, die in der Stadt wohnen, arbeiten, einem Verein angehören oder eine Schule besuchen, konnten mitmachen. Das Stadtradeln ist als Wettbewerb angelegt, an dem sich Groß-Umstadt als Kommune beteiligte. Die erradelten Kilometer wurden in den dadurch eingesparten CO2-Ausstoß umgerechnet und anschließend die besten Sparer gekürt. leider im wahrsten Sinne des Wortes „ins Wasser fiel“, soll in diesem Jahr jedoch wieder stattfinden: Am 22.7. lädt UJAM (Umstadts Jugend arbeitet mit) wieder zum Skatecontest. Anmeldungen hierfür sind bereits bei der Stadt Groß-Umstadt möglich.

UMSTADT „UP TO DATE“ MIT DEM PUMPTRACK

Smartphone-affine Bewegungsmuffel von der Couch an die frische Luft zu holen war nur eine, wenn auch eine wesentliche Intention hinter dem Bau des Pumptracks zwischen Umstädter Freibad und Cobi-Golf-Anlage, der als bisher einzige Anlage ihrer Art in Hessen im Mai 2017 eröffnet wurde. Initiatoren sind die Kinder- und Jugendförderung der Stadt Groß-Umstadt, die Bikeschool der Ernst-Reuter-Schule unter der Schirmherrschaft von MdB Dr. Jens Zimmermann. Finanziert wurde die Freizeitanlage mit Fördermitteln der EU, durch zahlreiche regionale Sponsoren sowie von der Stadt Groß-Umstadt. Der Pumptrack bietet generationenübergreifende Spannung und Abwechslung für jeden, der Fahrrad fahren kann. Sowohl versierte Mountainbiker als auch eher vorsichtige Einsteiger finden hier Spaß und Herausforderung. Der geschlossene Rundkurs mit Wellen, Kurven und Sprüngen ist eine asphaltierte Mountainbike- Strecke, auf der man ohne in die Pedale zu treten nur durch Gewichtsverlagerung – durch ein „pumpendes“ Hoch- und Niederdrücken des Körpers (engl. „pump“) – Geschwindigkeit aufbaut. Mit ein bisschen Übung ist es so möglich, die komplette Strecke ohne den Einsatz der Pedale zurückzulegen.

Der etwa einen Meter breite „Track“ kann in beide Richtungen befahren werden, da er in flachem Gelände gebaut wurde. Die Umstädter Pumptrack-Anlage hat eine Fläche von 1.165 Quadratmetern, wobei 513 Quadratmeter asphaltiert sind und 550 Quadratmeter als Grünfläche angelegt wurden. Dass Letztere so gut gediehen ist, ist nicht zuletzt der Jugendfeuerwehr aus Kleestadt zu verdanken, die in der sommerlich-heißen Zeit Ende März / Anfang April bei einer „Übung“ auf dem Gelände die frisch eingesäte Grünanlage wässerte. Das Anliegen der Stadt Groß-Umstadt war es, Jugendlichen eine attraktive und trendige Alternative für die sportliche Betätigung an der frischen Luft - selbständig, eigenverantwortlich und jugendgerecht – zu bieten. Multifunktional kann der Pumptrack auch mit Skateboards, Mini- Rollern und Inline-Skates genutzt werden, sogar mit dem Laufrad können hier Kleinkinder ihre motorischen Fähigkeiten trainieren. Die Anlage ist frei zugänglich, kann individuell genutzt werden und fördert neben Kondition und Kraft auch den sozialen Kontakt unter den verschiedenen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten. Zudem ist eine buchbare, exklusive Nutzung für Schulen und Vereine angedacht. (me)